Leni Behrendt Classic 59 – Liebesroman. Leni Behrendt
- Тип: Текст
- Автор:
- Издательство: Bookwire(2020)
- Серия: Leni Behrendt Classic
- ISBN: 9783740966010
- Страниц: 132
- Язык: Немецкий
- Жанры: Литературоведение, Критика
- Описание
- Фрагмент
Leni Behrendt nimmt l?ngst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit gro?em Einf?hlungsverm?gen charakterisiert sie Land und Leute. ?ber allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden k?nnen. <br/> In dem gro?en Krankenhaus herrschte die erhabene Ruhe, die sich den meisten Menschen so beklemmend aufs Gem?t legt. Scheu streifen die Augen die lackierten T?ren, die trotz ihrer fleckenlosen Wei?e so viel Unheildrohendes ausstr?men, welches das Herz zu st?rmischen Schl?gen veranla?t und die Knie weich werden l??t. Denn man wei? ja nicht, was hinter diesen T?ren lauert – hoffnungsvolles Genesen oder hoffnungsloser Tod. An einem Vormittag huschte eine blutjunge Schwester den spiegelblank gebohnerten Korridor entlang, die die Empfindungen eben erw?hnter angstgepeinigter Menschen nicht teilte, weil ihr all das ringsum vertraut war und sie diese beklemmende Luft geatmet hatte seit ihrem ersten Schrei. Mit der Sicherheit der Vielge?bten trug sie ein Tablett in den H?nden, auf dem eine Karaffe mit funkelndem Wein und ein Glas standen. Sie wollte gerade zu einer der wei?en T?ren abbiegen, als aus dem gegen?berliegenden Zimmer der Professor der Anstalt in Begleitung des Oberarztes trat. Die klaren, durchdringenden Augen des Professors blieben an der Schwester haften, die darob eine solche Unsicherheit befiel, da? das Tablett heftig wankte und die Karaffe in gef?hrliches Rutschen geriet, w?hrend das Glas zu Boden klirrte und vor den F??en des erstaunten Professors zerschellte. Und h?tte der Oberarzt nicht rasch zugegriffen, so w?re auch die Karaffe dem Weg des Glases unweigerlich gefolgt. Nun stand die Schwester da – blut?bergossen das reizende Gesichtchen und in den Augen so banges Flehen, als wollte sie den Gef?rchteten um Verzeihung bitten, da? sie die Vermessenheit habe, auf der Welt zu sein. Kopfsch?ttelnd betrachtete der Professor das erschrockene M?dchen, und w?hrend er mit dem Oberarzt weiterschritt, zuckte ein L?cheln um den harten Mund. «Nun sagen Sie mal, mein lieber Doktor, was ist eigentlich mit der Kleinen los?» richtete er das Wort an seinen Begleiter. «Sehe ich denn so furchterregend aus, da? sie mir die mannigfaltigsten Dinge vor die F??e wirft, sobald sie mich nur sieht?» Der Blick des Arztes streifte den Vorgesetzten, der ihm in seiner imposanten M?nnlichkeit um eine halbe Hauptesl?nge ?berragte. «Mu? doch wohl», war seine lachende Erwiderung. «Sie sind f?r dieses Aschenputtel der Anstalt wahrscheinlich der Gott, der ?ber allen Wolken thront, und es zollt Ihnen den Tribut eben auf seine Weise.» «Sonderbare Ehrenbezeigung», trat der Professor die Erkl?rung trocken ab. «Da kann ich mich ja noch auf allerlei gefa?t machen.»